Selten ist eine Expertenstudie mit mehr Spannung erwartet worden als jene, die Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) im Dezember 2016 bei der London School of Economics zur Effizienz des österreichischen Milliardenimperiums der Sozialversicherungen in Auftrag gegeben hat. Wie aus einem der “Presse” vorliegenden Papier als Beilage für die rund 1000 Seiten umfassende Studie hervorgeht, soll der Umbau radikal ausfallen. Bei Finanzierung und Mittelverteilung läuft alles auf einen stärkeren zentralen Zugriff durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger und auch durch den Sozialminister hinaus.
Ärzte würden als Vertragspartner und Anbieter von Leistungen zunehmend Konkurrenz bekommen. Denn die Sozialversicherung könnte selbst vermehrt Gesundheitsleistungen anbieten.
* Ausweitung der Beiträge: Ebenso viel Zündstoff wird ein weiterer Schwerpunkt der inzwischen fertiggestellten Studie, die nach der Übersetzung aus dem Englischen offiziell bis Ende August vorgestellt wird, liefern. Das betrifft die von der SPÖ verlangte Neuregelung und “Verbreiterung und Ergänzung” der Finanzierung, um den Faktor Arbeit zu entlasten. Damit wird auf die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt reagiert. Es handelt sich um die seit Jahren als Maschinensteuer und nun als Wertschöpfungsabgabe diskutierte Umstellung von Beiträgen nur nach den Bruttolöhnen auf die gesamte Wertschöpfung eines Unternehmen. Das findet sich unter dem Ziel “Zukunftsfit 2030”.
* Aus für Trennung der Beamtenversicherung: Zur politischen Kraftprobe vor allem mit der ÖVP wird die Vorgabe, die Trennung gegenüber der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) abzuschaffen. In dieser sind die Beamten und die Vertragsbediensteten des Bundes vereint. Die BVA konnte unter anderem auch wegen des Selbstbehalts beim Arztbesuch den Versicherten günstigere Leistungen anbieten und Vergünstigungen gewähren. Mit der “Beseitigung der Trennung” und der “Zusammenrechnung der Beitragsgrundlagen von Beamten und anderen Versicherten” würden Mittel der BVA in den allgemeinen Sozialversicherungstopf fließen. Das Gegenüber Stögers als BVA-Obmann ist nach wie vor Fritz Neugebauer, der im Vorjahr als Chef der Beamtengewerkschaft abgetreten ist.
* Zugriff auf Rücklagen: Im Zuge einer Neuordnung der 21 Sozialversicherungsträger – mit den Krankenfürsorgeanstalten (KFA) etwa für Wiens Beamte sind es sogar mehr als 30 – wird generell ein verstärkter Zugriff auf Rücklagen der einzelnen Kassen angestrebt. Das findet sich im Abschnitt “Analyse der strategischen Verwendung von Rücklagen”. Insbesondere werden dabei “zentrale Vorhaben der Gesundheitsreform” wie die von der Ärztekammer und den niedergelassenen Ärzten bekämpften Einrichtungen zur Primärversorgung sowie die ambulanten Einrichtungen der Krankenkassen und Sozialversicherungen angeführt.
* Stärkung der Sozialversicherung: Nicht nur das dürfte die Ärzteschaft in Alarmstimmung versetzen. Angeregt wird unter anderem konkret eine Stärkung der Sozialversicherung gegenüber den Vertragspartnern und damit auch der Ärzte. Wörtlich heißt es in dem der “Presse” vorliegenden Papier: “So könnten Gesundheitsdienstleistungen nicht nur über Vertragsbeziehungen zugekauft werden, sondern verstärkt selbst angeboten werden.”
* Streichung der Unfallversicherung (AUVA): In der Unterlage finden sich außerdem die länger bekannten Überlegungen, die Sparte Unfallversicherung im Sozialimperium zu streichen und in die beiden Sparten Pensions- und Krankenversicherung zu fusionieren. Da lief die AUVA im Frühjahr Sturm.
Quelle: www.diepresse.com/inland