So schrecklich einfach

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Leitartikel der Wiener Zeitung  

Die Logik der politischen Schlagzeilenökonomie kommt ohne große Geheimnisse aus. Und das trifft für Politiker wie für Journalisten zu, wobei noch nicht endgültig geklärt ist, ob die dabei ablaufenden Automatismen eher dazu angetan sind, uns als Gesellschaft in Sicherheit zu wiegen – die Medien als Wachhunde bei aufziehender Gefahr! – oder uns nicht doch eher verunsichern sollten. Einfach, weil Aktion und Reaktion so verlässlich wie vorhersehbar aufeinanderfolgen.

Wie die Mechanismen funktionieren, hat Beate Hartinger-Klein, die von der FPÖ nominierte Gesundheitsministerin, am Donnerstag mustergültig vorexerziert, als sie in einem Nebensatz gemeint hat, die Auflösung der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt werde wohl unvermeidbar sein. Mehr hat es nicht gebraucht, um einen Schwall an erregten Reaktionen auszulösen.

Bekanntlich haben sich ÖVP und FPÖ im Zuge der Reform der Sozialversicherungsträger darauf geeinigt, dass die AUVA entweder 500 Millionen Euro Einsparungen erbringt oder aufgelöst wird. Als Teil der Sozialversicherung ist die AUVA für die Unfallversorgung und -prävention von 5 Millionen Menschen zuständig. Die Finanzierung erfolgt über Beiträge der Arbeitgeber und fällt unter die Rubrik Lohnnebenkosten. Und Letztere wollen ÖVP und FPÖ bekanntlich spürbar senken.

Bei der Notwendigkeit, die überschießenden Arbeitskosten zu senken, besteht Einigkeit. Beim “Wie” beginnt dieser Konsens dann naturgemäß zu bröckeln.

Die FPÖ zielt dabei mit Vorliebe auf die Sozialversicherung, weil diese sozialpartnerschaftlich organisiert ist. Mit anderen Worten: Die FPÖ hat dabei nichts zu verlieren, SPÖ und ÖVP sehr wohl. Für Laien ist das Sozialversicherungswesen schwer durchschaubar, weil ungeheuer kompliziert. Ob eine Zusammenlegung der Sozialversicherungen tatsächlich substanzielle Einsparungen ohne Leistungsverlust bringt, wissen womöglich nicht einmal die Insider. Tatsache ist aber, dass SPÖ und ÖVP über die Sozialpartner Posten und Einfluss verlieren.

Das ist natürlich Musik in den Ohren der FPÖ, quasi eine Win-win-Situation, und eine solche kann die Neo-Regierungspartei gut gebrauchen, angesichts der holprigen ersten hundert Tage.

Ein Satz der Gesundheitsministerin zur AUVA genügte, um alle anderen Probleme der FPÖ aus den Schlagzeilen zu drängen. Dabei hat sie eigentlich nur das Regierungsprogramm wiederholt und um das von der FPÖ präferierte Ergebnis – das Aufgehen der AUVA im Zuge der Reform – ergänzt. Irgendwelche Neuigkeiten? Fehlanzeige.

Aber die Schlagzeilenproduktion hat ganz wunderbar funktioniert. Offen ist allerdings immer noch, ob dieser Automatismus irgendjemandem außer der FPÖ nutzt.

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